#GRÜNE2.0

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Rationalität - unsere modernen westlichen Gesellschaften zeichnen sich dadurch aus, dass sie diese vier Ideale gleichermaßen anstreben. Eines dieser Ideale politisch/gesellschaftlich höher zu hängen als die anderen, höhlt Demokratien aus und führt zu gesellschaftlichem Zerfall. Das gilt auch im Klein-Klein des Aufstellens politischer Programmatik: Nur Programme die zwischen diesen Idealen ausgewogen vermitteln haben das Potential, Gesellschaften weiter zu bringen, gleichzeitig und gleichermaßen freier, gleicher, solidarischer und rationaler zu gestalten.  

Bricht man den Unmut, der über die Programmatik der GRÜNEN im Bundestagswahlkampf 2013 hereingebrochen ist, bis auf die soziologischen/politologischen Grundlagen herunter, landet man genau bei diesem Zusammenhang, respektive zur Erkenntnis: Nachdem die GRÜNEN es in den letzten Jahren geschafft hatten, mit ihrem stets an Nachhaltigkeit orientierten und um Ausgleich bemühten Politikansatz zunehmend die Mitte der Gesellschaft von einem Kurs zu überzeugen, der zwischen Wirtschaft und Ökologie, Mann und Frau, Reich und Arm, Alt und Jung und so fort vermittelt, scheint Programm und Auftritt im Bundestagswahlkampf 2013 diese Balance und damit auch viele Wähler verloren zu haben. Zwar hatte man mit einem sehr umfassenden und – im Vergleich zu den politischen Mitbewerbern – auch sehr konkreten/ehrlichen Programm alle relevanten Politikfelder besetzt, hatte Antworten und Konzepte erarbeitet, die zueinander in Verbindung standen und einen gemeinsamen Geist verströmten. Aber dieser Geist war keiner des Vorschlagens und der Chancen, sondern ein Geist des Besserwissens und der Risikenbeschwörung. Und es wurde einseitig auf Lösungen gesetzt, die – in bester Tradition linker Parteien – durch staatlichen Eingriffe/Steuerung gesellschaftliche Probleme lösen wollte, die wir zudem viel größer an die Wand malten, als sie den Menschen im Alltag erscheinen.

Was nun? Eine LINKE mit Ökoüberbau braucht diese Republik jedenfalls nicht. Wir müssen vielmehr herausarbeiten, dass LINKE und SPD zwar – wie wir – Gleichheit/Gerechtigkeit und Solidarität größer schreiben, als die CDU/CSU oder die Westerwelle-FDP. Aber genauso müssen wir zeigen, dass wir Freiheit/Chancen und Verantwortung im besten Sinne von Bürgerlichkeit deutlich wichtiger nehmen als das linke Spektrum und hier – wie auch in unsere Achtung vor Mensch und Natur – große Gemeinsamkeiten mit dem libertären und bürgerlichen Lager bestehen. Und wir müssen uns dafür nicht verstellen oder unser Programm verraten. Wir müssen nur die Akzente innerhalb unseres Programms verschieben: Unser New Deal (ökonomische Chancen durch ökologischen Umbau), unser Erkennen und Verstehen der digitalen Revolution als Umweltpolitik von Morgen, unser konsequentes Eintreten für Bürgerrechte und Selbstverwirklichung, unser Kampf für mehr/bessere Bildung und den Aufbau einer mittelstandsgeprägten Wissensgesellschaft, unsere Haushaltsdisziplin, unsere Zukunftsgewandtheit und Bereitschaft zu Strukturreformen (Bürgerversicherung), unser Mut zum Abbau von innovationshemmenden/zukunftsschädlichen Subventionen und Lobbygeschenken und vieles mehr darf nicht mehr hinter Details wie Steuersätzen und Ideen zur Reduktion von Fleischkonsum versteckt werden. Unsere Orientierung an Zukunft und Chancengleichheit statt nur Umverteilung/Ergebnisgleichheit positioniert uns zwischen SPD und CDU mitten in der Gesellschaft und genau dorthin, wo die progressiven Kräfte der Volksparteien ausfransen und anschlussfähig zu uns geworden sind.

Und muss und wird – auf mittlere Sicht – die CDU nicht GRÜN Zugeständnisse machen, sich uns öffnen und uns auch über die Legislatur hinaus noch gut aussehen lassen, weil sich abzeichnet, dass sich die SPD in den kommenden Jahren mit der LINKEN versöhnen wird und eine neue FDP ebenfalls SPD-anschlussfähig sein wird? Und muss man als GRÜNE die gleichen Fehler machen wie die FDP, die sich als kleiner Koalitionspartner mit unhaltbaren Versprechungen, Lobbypolitik, unfähigem zerstrittenem Personal und Konzeptlosigkeit als regierungsunfähig beweisen musste, statt geschickt Zünglein an der Waage zu spielen und trotz wenig Sitzen viele Inhalte durchbringen zu können?

Ja, die andere, die große, nein riesige Lösung aus Schwarz + Rot hätte so große Mehrheiten (Bundestag, Bundesrat), dass sie quasi alles durchsetzen könnte. Und ja, der Mehrheit der Wähler erscheint dies reizvoll, weil zumindest Stillstand/Lähmung verhindert werden könnte. Nur würde das eben auch bedeuten, dass sich die Schnittmengen zwischen CDU und SPD durchsetzen würden und die liegen vor allem in der strukturkonservativen Industriepolitik und mutlosem weiter so statt einem innovativen Wirtschaftsumbau hin zu einer mittelständischen und ökologischen Wissensgesellschaft. Und wegen der 25% Hürde für viele parlamentarische Interventionsmöglichkeiten (Untersuchungsausschuss, Normenkontrollklage etc.) wäre die bei einer so übermächtigen großen Koalition übrig bleibende Miniopposition aus LINKE und GRÜNEN leider auch wenig schlagkräftig: Opposition wäre dann nicht nur Mist sondern nur noch Sturm im Wasserglas / Empörung in der Bubble des Bundestages.

Ich bin mir sicher, Schwarz-GRÜN würden es besser machen als die Koalition der vereinigten Betonköpfe. Erneuerung unseres Personals und Neuakzentuierung unseres Programms in diesem Sinne vorausgesetzt könnte ein GRÜNER Phönix aus der Asche der Stimmzettel zur Bundestagswahl 2013 hervorsteigen. I believe he can fly. 

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